Mit jährlich über 1.000 betreuten Kindern und Jugendlichen ist das Ambulatorium Strebersdorf das zweitgrößte der VKKJ. Wie alle Einrichtungen der gemeinnützigen Vereinigung bietet es umfassende Therapien und Behandlungsmethoden auf dem neuesten Stand. Darüber hinaus weist das Ambulatorium eine Besonderheit auf: den Einsatz von „Marte Meo“ in der Logopädie. Der Begriff „Marte Meo“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet übersetzt: aus eigener Kraft. Damit wird das zentrale Anliegen der von der Niederländerin Maria Aarts entwickelten Methode zum Ausdruck gebracht. Es geht darum, Fähigkeiten sichtbar zu machen, zu aktivieren und zu entwickeln.
„Goldmine“ per Video freilegen
Die Grundidee ist, die „Goldmine“, die in jedem Menschen schlummert, freizulegen. Dies geschieht, indem alltägliche Situationen (z.B. das freie Spiel) zwischen TherapeutInnen, PatientInnen und Angehörigen per Video aufgezeichnet und anschließend analysiert werden. So werden Menschen ermutigt, ihre eigene Kraft zu nutzen, um Entwicklungsprozesse in Gang zu bringen und zu fördern.
Dies gilt auch für den Einsatz dieser Methode in der logopädischen Therapie. Denn mit der Videoaufzeichnung und deren Analyse werden auch die Eltern oder andere betreuende Personen dabei unterstützt, jene Fähigkeiten zu entwickeln, die in der Kommunikation mit besonderen Kindern wichtig und hilfreich sind.
Mehr sprachliche Kompetenz
Ziele der logopädischen Therapie sind häufig die Förderung der sprachlichen Kompetenzen durch Wortschatzaufbau, Verbesserung der Grammatik, der Erzählfähigkeit und der Verständlichkeit (Artikulation) sowie der Entwicklung der Kompetenzen in Kommunikation und Interaktion. Dies sind auch vielfach die Anliegen der Eltern, zumal das Sprachvermögen eine wichtige Voraussetzung für ein Kind ist, um in der Schule zu bestehen.
Um diese Zielsetzungen zu erreichen, ist es wichtig, dass die Kinder gute Kontakt- und Kooperationsfähigkeiten entwickeln, wie beispielsweise das Benennen der eigenen Handlungen. Diese Fähigkeiten werden durch Marte Meo-Elemente gezielt unterstützt.
„Marte Meo“ in der Praxis
Wie dies in der Praxis funktionieren kann, zeigt das Beispiel von Tobias: Der Fünfjährige wirkt schüchtern und hat laut seiner Mutter wenig soziale Kontakte im Kindergarten. Zudem wird berichtet, der Junge störe die Gruppe und habe Schwierigkeiten bei der sozialen Interaktion. Nach mehreren Einzeltherapien, in der die Therapeutin die Spielfähigkeit des Kindes unterstützt, folgt die Erweiterung in eine Kleinstgruppe: Tobias soll durch das gemeinsame Spiel mit einem zweiten Jungen lernen, auf den anderen einzugehen und dessen Handlungen zu benennen.
Tobias erwirbt dadurch die Fähigkeit, sozial aufmerksam zu sein. Der Einsatz von Marte Meo hilft ihm, die Handlungen und Gefühle, einschließlich nonverbaler Signale wie die Mimik seines Spielpartners, wahrzunehmen und zu verstehen. Dadurch wächst sein Interesse an anderen Kindern und er erfährt, dass auch diese sich gerne mit ihm beschäftigen. Auf diese Weise werden sowohl die sprachlichen Fähigkeiten von Tobias als auch seine Integration in die Gruppe gefördert.
Eltern werden eingebunden
Marte Meo spielt auch bei der Beratung der Eltern eine wichtige Rolle. So werden ihnen beispielsweise kurze Videosequenzen mit jenen Unterstützungselementen für ihr Kind gezeigt, die sie selbst zu Hause anwenden und in den Alltag integrieren können. Im Zentrum steht dabei immer der Gedanke, die Entwicklungsbotschaft hinter dem Verhalten zu lesen und daran zu erkennen, wie das jeweilige Kind am besten gefördert werden kann.